Montag, 23. Mai 2011

Zaumzeug für die vierte Gewalt

Warum Unternehmens-PR die Welt besser macht

Der Siegeszug des Internets im Informationszeitalter schält allmählich den paradoxen Kern der traditionellen Medien heraus: Die sogenannte vierte Gewalt steht unter der eisernen Knute der Quote. Diese Orientierung am Geschmack der Massen führt dazu, dass die Bürger nur über diejenigen Dinge informiert werden, die bei ihnen einen Reflex zum Einschalten auslösen.

Eine mögliche Erklärung bietet die Nachrichtenwerttheorie: Die negativere Nachricht ist sehr häufig die berichtenswertere, denn sie holt die meisten Konsumenten. Selbstverständlich ist das deren freie Entscheidung – und die führt in diesem Fall führt dazu, Negatives zu bevorzugen. Besonders großes Publikum locken die Medien durch Skandale und Sensationalismus. Positive Nachrichten rutschen somit automatisch aus dem Rechercheraster der Redakteure. Dieser psychologische Mechanimus besteht, seit es Medien gibt. Vor der Allgegenwart des Internets war das allerdings weniger problematisch. Es gab journalistische Standards, deren Befolgung nicht geschäftsschädigend war. Große Teams konnten lange und gründlich recherchieren. Die Einnahmen aus Werbung und Verkauf rechtfertigten den Aufwand, denn sie waren mangels Alternativen konstant. Seitdem die Einnahmen - auch dank des Internets - wegbrechen, müssen Medienkonzerne die Kosten minimieren um weiterhin einen Überschuss zu erzielen. So wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen. Dadurch sinkt die Qualität.

Ein Beleg von vielen sind die Videojournalisten, sogenannte VJs, im Fernsehen. Sie sind gleichzeitig Kameramann, Tontechniker, Redakteure, Interviewer und Cutter. So ist eine tiefe Recherche und ausgewogene Berichterstattung nur schwer möglich. Insbesondere Recherchen, die neutralen oder postiven Thesen folgen, werden zu einem geschäftlichen Risiko, das sich der gute Geschäftsmann nicht leisten kann.

Das hat zwei Effekte: Zum einen können Themen nicht in der Tiefe behandelt werden, die für eine ordentliche Meinungsbildung notwendig ist. Zum anderen entsteht ein negatives Gesamtbild einer Gesellschaft. Hier wird die PR wichtig. Gute PR erzählt Journalisten von den positiven Aktivitäten in der Gesellschaft - von Unternehmen, von NGOs, von Parteien, von Intitiativen. Und nimmt ihnen so die aufwändige Recherchearbeit ab. Ihre neutralen bis positiven Sachinhalte gleichen den wirtschaftlichen Zwang der Medienunternehmen zu negativer Berichterstattung und Recherche aus. Ein Interessenkonflikt besteht nur oberflächlich: Lügen seitens der PR fliegen häufig auf und die Unternehmen damit auf die Nase. Gleichzeitig ignorieren Journalisten die dargereichten Wahrheiten nicht absichtlich, da sonst auch sie ihre Glaubwürdigkeit verlören. Der Sensationslust wird auf diese Weise das Zaumzeug angelegt.

Die PR ist somit ein Anwalt der Wahrheit und schützt die Bürger vor ihrer Gier nach Skandalen. So können Medien als vierte Gewalt ein ausgewogeneres Meinungsbild überhaupt erst möglich machen. Noch allerdings ist die PR häufig zu schwach und zu unterentwickelt, um diese verantwortungsvollen Aufgabe gut zu meistern. Sie muss größer und professioneller werden!

2 Kommentare:

  1. Tja, das Thema bietet ja mal mächtig Diskussionsstoff. Drogen für diesen Blog.

    Dass die Medien immer weniger Geld, weniger Printauflage haben und dass wir alle sensationsgeile Böcke sind, ist ja mehr oder weniger unbestritten.

    Ich würde es dir alten Kapitalistensau sogar zutrauen, diese Aufgabe verantwortungsvoll anzugehen. Aber woher weiß der Leser das? Und woher wissen wir, wie andere PR-Strategen so ticken? Vielleicht unterliegen die keinem Quotendruck, wohl aber ganz anderen finanziellen Druckmitteln, die m.E. noch viel schwerwiegender sind.
    In erster Linie ist es doch Ziel der PR, eine Strategie zu entwickeln, wie man etwas möglichst gut aussehen lassen kann. Kritik Fehlanzeige. Hauptsache später möglichst viel verkauft, sinnlose Großprojekte durchgedrückt, Kriege am anderen Ende der Welt finanziert... In der Zeitung stand, das war recht so.

    Du schreibst ja schon, Lügen fliegen häufig auf. Oft aber auch nicht. Außerdem ist möglichst dolle verkauft journalistisch auch schon grenzwertig.

    Wie können Medien dann noch ihre Aufgabe als kritische Instanz erfüllen? Unternehmen, NGOs, Parteien, Intitiativen herausfordern? Verkommen Medien dann nicht zu reinen Publikationsorganen?

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  2. Ich finde die einige Entwicklungen in der Medienwelt gut auf den Punkt gebracht. Die Sensationsgier der Menschen ist tatsächlich ein Problem. ABer es gibt ja schließlich auch immer wieder sensationell gute Nachrichten, vielleicht müsste man die einfach besser darstellen. Und was flache Berichterstattung. Viele Menschen haben sich daran wohl schon gewöhnt, aber auch erst nachdem sie massiv von den Privatsendern damit bombardiert wurden. Gute Formate mit Alleinstellungsmerkmalen (z.B. "die Zeit") funktionieren ja noch ausgezeichnet. Was viele nicht für möglich gehalten haben. In der Breite wirds definitiv weniger, aber QUalität ist immer noch gefragt. Dass die PR das notwenidige Gegengewicht darstellt halte ich für äußerst fraglich. Natürlich muss die PR Interessen vertreten. Vielleicht kann kritische Berichterstattung und PR ein Gleichgewicht erzeugen, dass durchaus segensreich ist. Aber Hand in Hand arbeiten? Dann wird alles noch schlimmer! Und dann hat die Wirtschaft noch mehr EInfluss. Wäre tatsächlich schön, wenn viele PR-Berater solche Moral an den Tag legen würden, wie Du es DIr erhoffst, aber das halte ich für eine Ilussion!
    Oder Du musst PR neu definieren...

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