Sonntag, 15. Mai 2011

Wie kritisch darf oder muss Journalismus sein?

Journalist zu werden, das ist schon sehr lange mein Traum. Ich habe keinerlei Ausbildung dazu genossen, aber immer gerne geschrieben. In den letzten drei Jahren ist es immer mehr geworden, allerdings habe ich in dieser Zeit zum einen an einem umfangreicheren Buch gearbeitet (in dem immer noch so viel Arbeit steckt) und zum anderen an Reiseberichten gefeilt, die ich während und nach der Reisen in Angriff genommen hatte. Für mich dient schreiben dem Verarbeiten. Im Idealfall ist es ein Ventil, wie es jeder braucht. Und so oft ich schon frustriert aufgegeben habe, so oft habe ich kurz darauf gespürt das Schreiben für mich eine Notwendigkeit darstellt.
Aber zum Kern des Themas: Viele Menschen vertreten die Meinung, dass Journalismus nicht nur nicht meinungsbildend sein darf, sondern vielmehr neutral und keine eigene Meinung auch nur abbilden darf. Mal abgesehen von konkreten Kommentaren zu aktuellen Ereignissen.
Ich halte das nicht nur für eine Utopie, als niemand neutral schreiben kann, sondern für schlichtweg falsch. Denn über Nachrichten neutral zu schreiben, heißt ja nur, dass man das verwendete Material (ob nun aus den Nachrichtenagenturen, einem Informanten oder aus sonst irgendeiner Quelle) unreflektiert zu übernehmen. Dabei kann doch auch die Quelle manipuliert sein; in jedem Fall ist auch diese subjektiv. So sehe ich also eine große Notwendigkeit, seine eigene subjektive Wahrnehmung einfließen zu lassen. Und stellst sich diese als nicht haltbar heraus, kann man sie ja nochmal überdenken oder ein anderer Journalist kann schlüssig eine Gegenthese aufstellen.
Ich halte es mehr denn je für absolut notwendig, sehr kritisch zu sein in der Berichterstattung. Viel zu viel wird einfach stehen gelassen, ohne deutlich zu widersprechen. Wenn ich mir schon anschaue zu welchen Worthülsen die Wortbeiträge wichtiger Politiker immer mehr verkommen (ich möchte hier nicht verallgemeinern, aber die Tendenz ist erschreckend!). Und das wird vielfach einfach so hingenommen, anstatt ganz klar zu stellen, das diese Äußerungen mehr der Desinformation dienen, als zu irgendetwas anderem. Da werden Fachbegriffe im Überfluss und Unverstand verwendet, so dass selbst einschlägig vorgebildete Bürger sich fragen, was denn wohl der Inhalt dieses Kauderwelsch gewesen sein mochte. Und ich behaupte, dass das System hat. Reine Herrschaftsrhetorik. Das kann doch nur dazu dienen, die eigene Macht zu zementieren und zu verhindern, dass viele Menschen begreifen, was eigentlich hinter den Kulissen entschieden wird und welche Motive hinter vielen Entscheidungen stehen. Stichwort Lobbyismus. Aber ich wittere hier keine Verschwörung, so unlauter ich dieses Gebaren auch finden mag. Jedenfalls braucht sich dann keiner der Politiker wundern über die grassierende Politikverdrossenheit.
In jedem Fall vermisse ich mehr Journalisten, die eindeutig ihre Meinung vertreten. Weil es auch darum geht Widerstand zu leisten und Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen. Wie sollen sonst mehr Menschen aufwachen, wütend werden und letztlich Initiative ergreifen? Da sehe ich den Journalismus in der Pflicht und das sehe ich persönlich als seine primäre Aufgabe.
Was wäre wohl aus der Politik geworden ohne investigativen und kritischen Journalismus.
Und das öffentlich-rechtliche Fernsehen wird seiner Aufgabe als kritisches Verfassungsorgan keineswegs gerecht. Natürlich gibt es noch gute Formate, wie „Aspekte“ oder die erstaunlich kritische „Heute-Show“ und noch einiges mehr. Aber diese Formate laufen sehr spät und würden ins frühe Abendprogramm gehören. Doch mit was für einem Mist heute Quote gemacht wird. Und ich behaupte, dass die Menschen nicht wirklich so blöde sind, sondern dass sie durch ständige Berieselung von Nonsens so blöde gemacht werden.
Zu dieser These empfehle ich auch den Film „Free Rainer - dein Fernseher lügt“, eine sehr spannende und treffende Geschichte über den Unsinn der Medienlandschaft und der Utopie einer geistig befreiten Gesellschaft. Humorvoll aber auch dramatisch inszeniert!
Ich plädiere also für mehr kritischen Journalismus, der Fragen aufwirft und nötige Diskussionen in Gang bringt. Dieser Blog soll ein Beitrag dazu sein.
Und er lebt von unterschiedlichen Blickwinkeln. Also beteiligt Euch!
Ein weiterer Tipp zum Schluss: Unter Regie von George Clooney entstand ein Meisterwerk genau zu diesem Thema: „Good night and good luck“. Ein absolut sehenswerter Film über den (notwendigen) Schlagabtausch zwischen Politik und Journalismus. Großes Kino!

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