Zum Grundeinkommen gibt es verschiedene Modelle. Da es aber völlig den Rahmen sprengen würde, möchte ich auf die Ökonomie nur am Rande eingehen. Verweise hierbei nochmal auf die Links in der Seitennavigation. Und im Rahmen der Diskussion lässt sich sicher noch genauer darauf eingehen. Auf jeden Fall wird heute schon für den sozialen Bereich über eine Billion Euro aufgewendet. Mehr Geld würde man auch bei einem 1000 Euro-Grundeinkommen nicht aufwenden.
Ich möchte vor allem auf die gesellschaftlichen Folgen eingehen. Ich möchte voranschicken, dass die Einführung des Grundeinkommens alleine nicht automatisch zu einer grundsätzlich gerechteren Verteilung des Kapitals führt. ABER: Es nimmt die schlimmsten Härten für diejenigen, die ganz unten stehen und nimmt Ihnen ihre Schuld- und Versagensgefühle, die ihnen von Mitmenschen und Politik übergestülpt werden.
Wer heute Hartz IV bezieht bekommt also monatlich 352 Euro ausgezahlt. Eine Wohnung wird ebenfalls gezahlt. Von diesem Geld soll also ein lebenswürdiges Leben garantiert werden. Klingt erst mal gar nicht so wenig. Aber das heißt zum Beispiel, dass für drei Mahlzeiten am Tag weniger als 5 Euro zur Verfügung stehen. Ich will nicht sagen, dass es unmöglich wäre, davon zu überleben. Jedoch frage ich mich, wie gesund wohl dieses Essen dann sein kann. Ich halte diese Summe für zu wenig um ein würdiges Leben zu bestreiten, zu dem ja nicht nur Nahrung, Kleidung und ein Minimum an Komfort gehören, sondern eben auch gesellschaftliche Teilhabe - z. B. die Möglichkeit auch kulturelle Veranstaltungen zu besuchen, mit der Bahn zu fahren, um andere Menschen zu besuchen oder nach einem neuen Job zu suchen. Dass gar Tabak- und Alkoholkonsum diesen Menschen nicht zustehen sollen, halte ich für menschenverachtend.
Schlimmer ist noch das Menschenbild das dem zugrunde liegt und das speziell von der Springer-Presse geprägt wird. Aber leider auch von vielen Teilen der Politik. Und inzwischen tiefer in der Gesellschaft verwurzelt ist als ich gefürchtet hätte. Das haben bisherige Diskussionen, die ich schon geführt habe, aufgezeigt. Es wird so getan, als seien die meisten Menschen, die sich in dieser Situation befinden, selbstverschuldet darein geraten sind. Dabei wird ausgeblendet, dass es schwierig geworden ist, einen Job zu ergattern. Wenn ich unseren Minister Brüderle höre, der ernsthaft verkündet, wir seien auf dem Weg in die Vollbeschäftigung, könnte ich kotzen. Und man feiert sich, dass die Arbeitslosigkeit unter 3 Millionen gesunken ist. Schade nur, dass in dieser Bilanz ABM-Programme, Praktika und sonstige kurzzeitige Beschäftigungen aus der Bilanz gestrichen wurden. Von Kombilöhnen ganz zu schweigen. Fakt ist, dass es immer weniger Jobs gibt, die zum Leben reichen. Daher machen viele Menschen mehrere Jobs gleichzeitig. Erst vor kurzem habe ich in einer Geoausgabe gelesen, dass wenn die vorhandene Arbeit gleichmäßig aufgeteilt würde, jeder nur noch 3,5 Stunden arbeiten würde. Soweit ist die Mechanisierung inzwischen fortgeschritten. Doch anstatt diesem Fortschritt Rechnung zu tragen, arbeiten die meisten noch immer 8-10 Stunden am Tag – ist doch klar, dass dann viele nicht mehr arbeiten können. Natürlich gibt es auch gravierende Probleme im Bildungssystem das zu einem Fachkräftemangel geführt hatte. Aber selbst ohne diesen braucht es neue Gesellschaftsmodelle.
Was würde nun also geschehen, würde man ein Grundeinkommen einführen. Gehen wir mal von 1000 Euro für jeden aus. Das ist ja gar nicht mal so viel mehr als bisher, aber immerhin ein wenig. Nur kommt es jetzt nicht von 10 verschiedenen Trägern, sondern von einer einzigen Behörde. Niemand muss mehr in der Lage sein, unverständliche Anträge auszufüllen. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kindergeld und langfristig Rentengeld würden entfallen. Langfristig deswegen, da man ein solches System nicht von heute auf morgen einführen kann, sondern nur schrittweise.
Der erste Widerspruch neben der Finanzierbarkeit im Allgemeinen ist meist der Aspekt, dass sich arbeiten dann für manche nicht mehr lohnen würde und sie lieber nur von diesem Grundeinkommen leben möchten. Da dieses Grundeinkommen völlig bedingungslos ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass so ziemlich jeder das vom Anderen denkt, wird er dazu befragt – nur nicht von sich selbst – auch dazu gibt’s was in der Linksammlung. Spricht für mich dafür, dass diese Propaganda des „faulen Nachbars“ wirklich gut gegriffen hat. Dem liegt ja wirklich ein mieses Menschenbild zugrunde.
Denn mal im Ernst: Wer will schon sein Leben auf dem Sofa verbringen? Das mag ja eine Weile durchaus Spaß machen aber dann wird’s unerträglich.
Der ein oder andere wird sich vielleicht in seiner Arbeitsintensität einschränken – das ist doch nur zu begrüßen, wenn es ohnehin nicht mehr genug Erwerbsarbeit für so viele gibt.
Außerdem gibt es ja auch eine Menge an Arbeit, die nicht bezahlt wird: Ehrenamt, Vereine oder auch die komplette Kindererziehung und Hausarbeit. Auch diese Form der Arbeit würde dann gewürdigt. Und so mancher würde sein Engagement in diesem Bereich ausbauen – auch wenn er nicht zu bemessen ist. Vor allem aber würde es bei vielen Menschen zu einem Gefühl der Sicherheit führen – man kann dann mal was ausprobieren – ob nun als Künstler, Journalist oder erste Schritte in eine andere Form der Selbständigkeit. Und wenn das nicht klappen sollte, würden die meisten ja wohl immer noch einen Job nachgehen wollen – wer will schon von diesen 1000 Euro abzüglich Miete leben? Kaum mehr als bisher auch schon. Aber es gäbe endlich eine neue Form der Solidarität. Keiner müsste sich mehr rechtfertigen, wenn er mal in der Luft hängt.
Jeder kann sich einen Job suchen, der ihm zusagt, was auch zu Produktionssteigerung führen würde und die Verhandlungsposition des Arbeitsnehmers würde enorm gestärkt.
Bleiben Fragen, wie man Freiwilligenarbeit koordiniert, ob wirklich jeder dieses Grundeinkommen benötigt oder ob es doch noch eine stärkere soziale Staffelung geben soll (wie es die Linke fordert). Natürlich muss es weiter eine Pflegeversicherung geben.
Götz Werner`s Modell geht von einer 100% Mehrwert/Konsum-steuer aus. Poste dazu am Ende des Beitrags noch einen kurzen Auszug aus einem Film zum Grundeinkommen. Interessant daran ist, dass es auch nur noch eine Form der Besteuerung geben würde und ein Ende der Steuerschlupflöcher herbeigeführt würde.
Was gäbe es noch für Alternativen? Mein Hauptproblem ist, daß ist keine Abkehr vom Konsumwahn, da der Binnenmarkt enorm gestärkt wird. Schließlich haben die Bezieher des Grundeinkommens mehr konsumieren als die jetzigen Hartz IV-Bezieher. Alles müsste also auch einhergehen mit einer gesamtgesellschaftlichen Debatte, was ein „gutes“ Leben wirklich ist und wie wir unser Land gemeinsam gestalten wollen.
Es gibt viele Fragen, die sich da noch stellen und manche würden sich erst ergeben, würde man sich für dieses System entscheiden. Aber man könnte ja mal mit Modellregionen anfangen. Ich fände es toll, wenn wir nicht nur das Land sind, in dem aus der Atomenergie ausgestiegen wird, sondern dass mutig genug ist zu erkennen, dass es neue Gesellschaftsformen benötigt und wie die konkret aussehen können.
Ich glaube nicht, dass das Grundeinkommen alleine ein Wundermittel ist, doch stellt es für mich einen großen ersten Schritt dar hin zu einer gerechteren Gesellschaft, der dann andere folgen könnten.